Silhouette Hoerde Hörde am See
Eine Region im Wandel

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Ein Plädoyer für die Kreislaufwirtschaft

Die menschliche Ignoranz

Seit mehreren tausend Jahren besiedeln Menschen den schönen Planeten Erde. Der uns nun anscheinend überdrüssig geworden ist. Das Klima wandelt sich, die Meere verdrecken. Die Menschheit wächst täglich weiter.

Und wundert sich mehr und mehr über diese Entwicklungen, die uns zu überrollen scheinen und uns zu sprachlosen Statisten degradiert, weil die meisten Staaten und die Konzerne, aber auch die großen Religionen zwar den Klimawandel als Bedrohung inzwischen erkannt haben. Uns Bürgern aber bisher nicht vermitteln konnten, wie dieses weltweite Problem denn nun wirklich gelöst werden kann.

Die industrialisierten Staaten möchten gerne verhindern, dass die Wälder Amazoniens weiter gerodet werden, weil damit eine Kohlendioxidsenke und Sauerstoffquelle verschwindet. Dafür haben die Industriestaaten allergrößtes Interesse an den Rohstoffen Afrikas und Südamerikas, mit denen die Energiewende gestemmt werden soll. Dies vornehmlich natürlich in den Industriestaaten.

Russland versucht in einem völkerrechtswidrigen Krieg seinen Nachbarn Ukraine zu unterjochen mit der fadenscheinigen Begründung, man wolle die Ukrainer aus den Händen von Nazis befreien. Während im Norden Russland der Permafrost auftaucht, womit die riesigen Landflächen Sibiriens unbewohnbar werden.

China reibt sich die Hände, baut munter die neue Seidenstraße aus, nutzt den Coronavirus, um alle Bewohner permanent überwachen zu können und droht der Nachbarinsel Taiwan mit einem Feldzug nach Art der Russischen Föderation.

Der interessierte Laie könnte den Eindruck gewinnen, dass die Diskussion um die Minderung der Treibhausgase in der Erdatmosphäre eine eher akademisch geführte ist und dass es im wahren Leben um ganz etwas anderes geht.

Um Macht, um Einfluss, um Geopolitik.

Aber nicht um geringer werdende Ressourcen, um Artensterben oder um vermüllte Ozeane. Das sind Themen für besorgte Kinder. Oder eifrige Naturwissenschaftler, die man irgendwie beschäftigen muss. Beide Gruppen sollen aber bitte den Mund halten, wenn die Macher über die Grundsätze des Wirtschaftslebens reden.

Und dass alles, obwohl wir seit 500 Jahren wissen, dass wir auf einem endlichen Raum leben. Und man uns vor ziemlich genau 50 Jahren schon in einem Forschungsbericht gezeigt hat, wohin die Reise der Menschheit gehen kann, wenn wird diese Endlichkeit nicht in unser tägliches Handeln einbauen.

Soll diese Reise ein gutes Ende nehmen, müssen wir Menschen – und zwar alle, ausnahmslos, egal, ob arm oder sagenhaft reich, ob gebildet oder eher unwissend – sehr kurzfristig sehr viel sorgsamer mit unserem Planeten umgehen als in den letzten fünfhundert Jahren. Denn unser Planet hat seine Grenzen.

Sanlúcar de Barrameda

Wir schreiben das Jahr 1522

Das mit einer Länge von knapp achtundzwanzig Metern nach heutigen Maßstäben eher kleine Schiff namens Victoria nähert sich der Hafenstadt Sanlúcar de Barrameda an der Mündung des Guadalquivir im Süden Spaniens.

Mit der Ankunft der Victoria am 6. September endet eine Reise, die knapp drei Jahre zuvor mit dem Auslaufen eines kleinen Geschwaders von fünf hochseetüchtigen Handelsschiffen vom Typ Nao begann. Die Spanische Krone hat den Generalkapitän der kleinen Flotte, einen gewissen Ferdinand Magellan, damit beauftragt, die Westroute zu den Gewürzinseln zu finden, die heute als Molukken bekannt sind und zu Indonesien gehören.

Die lange Reise hatte deutliche Spuren hinterlassen. Das Schiff machte einen erbärmlichen Eindruck, wurde überliefert. Da permanent Wasser in das Innere des Schiffes eindrang, musste auf den letzten Wochen der Reise Tag und Nacht gelenzt werden, um den Untergang zu verhindern. Hunger und Krankheiten hatten die Mannschaft derart dezimiert, dass von den ehemals 45 Mann Besatzung ledig 18 noch im Ausgangshafen an Land gehen konnten. Das gesamte Geschwader selbst war mit insgesamt 237 Mann gestartet, von denen nur die Besatzung der Victoria den Ausgangshafen erreichte.

Die Molukken hatte das zu diesem Zeitpunkt schon auf vier Schiffe dezimierte Geschwader auf seiner nach Westen orientierten Route nicht angelaufen, benutzte dafür aber im Süden Amerikas eine Passage, die auch heute noch nach dem Leiter der Expedition benannt ist.

Die Magellan-Straße.

Die Ankunft der Victoria, so heruntergekommen der Zustand des Schiffes auch war und so sehr die Besatzung auch gelitten hatte, definiert die erste historisch belegte Erdumsegelung in der Geschichte der Menschheit. Auch wenn der Leiter des Expedition, Ferdinand Magellan, sein Leben schon ein Jahr vor der Ankunft in den Heimathafen verloren hatte.

Schlussfolgerungen aus der ersten Weltumsegelung

Mit der Ankunft der Victoria wurde der Beweis erbracht, dass die Erde so gestaltet sein muss, dass sie umrundet werden kann. Vielleicht ein langer Stab mit planen, eher stumpfen Enden, auf dessen zylindrischem Mantel die Erdteile in einer noch genau zu bestimmenden Art und Weise verteilt waren. Oder etwa doch eher in der Form einer Kugel, was von den meisten Gelehrten und Herrschern Europas favorisiert wurde.

Die Spanische Krone folgerte aus der damit bestätigen Kugelform sehr schnell, dass man von nun an Schiffe in östliche oder westliche Richtung entsenden kann, ohne Gefahr zu laufen, das damit verbundene Kapital zu verlieren. Die von allen am Rande der Scheibe zu erwartende Kante, über die man hinausfahren könnte, um dann unwiderruflich abzustürzen in das Nichts, gab es ja bei einer Kugel nicht.

Da den Berichten der Heimkehrer außerdem zu entnehmen war, dass auf den anderen Erdteilen jenseits der großen Meere unglaubliche Reichtümer lockten, fiel den Herrschern die Entscheidung sehr leicht, immer größere Flotten und Schiffsverbände auf die immer noch gefährliche Reise in den Westen und den Osten zu entsenden.

Neue Herausforderungen

Zumal nun die Herausforderungen an die Expeditionsteilnehmer noch verlockender waren als für die Seefahrer der ersten Weltumsegelung. Denn nun ging die Fahrt nicht mehr ins Ungewisse, von dem man nicht mehr zurückkehren konnte, weil man abgestürzt war.

Stattdessen konnte man sich selbst beweisen, durfte kämpfen, durfte erobern. Konnte durch seine Taten zeigen, dass man der Bessere, der Stärkere, der Durchsetzungsfähigere war. Und wurde bei Erfolg reichlich belohnt, denn nicht nur den Leitern der Expeditionen in die neuen Länder wurde Reichtümer zugesprochen. Auch die einfachen Seeleute erhielten eine reichliche Heuer und einen Teil der Schätze, derer sie habhaft werden konnten.

Die Entwicklung der Technik

Die erste Weltumsegelung bescherte aber nicht nur den Abenteurern neue Herausforderungen, sondern schob auch die technische und ökonomische Entwicklung an.

Die Schiffe, mit denen die neuen Länder angesteuert wurden, mussten immer größer und schneller werden, damit immer mehr Soldaten entsendet und immer größere Schätze nach Europa transportiert werden konnten. Es entwickelten sich ständig neue Techniken, getrieben von dem Wunsch, alles schneller, größer und besser machen zu können.

Aus Baumeistern und Tüftlern wurden Ingenieure, die nicht nur nach neuen Berechnungsmethoden suchten, sondern systematisch neue Werkstoffe für immer gefährlichere Einsätze entwickelten. Auch hier lockten neue Herausforderungen. Nur hießen sie nicht ferne Länder, gefährliche Krieger oder betörende Frauen, sondern hoher Druck oder wahnsinnige Temperaturen, vielleicht noch erweitert um eine Prise Gift, das es galt, in einem geschlossenen Gefäß zu halten.

Auch die Kaufleute lernten dazu

Schon kurz vor der ersten Weltumsegelung, fast zeitgleich mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus, führten Kaufleute die doppelte Buchführung ein und legten damit den Grundstein für die Kontrolle der Geldgeber über den Verbleib ihrer Investitionen.

Privatleute reihten sich bald auch schon ein als Kapitalgeber für weitere Expeditionen. Um diese Geschäfte, die trotz aller Umsicht riskant blieben und den Totalverlust des Kapitals zur Folge haben konnten, zu entkoppeln von den immer weiter wachsenden Privatvermögen der Investoren, wurden auch bald schon Kapitalgesellschaften gegründet. Die Vorläufer der heutigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung entstanden. Später dann auch die Aktiengesellschaften bis hin zu weltumspannenden Konzernen, die dank der fortschreitenden Industrialisierung und zunehmender Mobilität die Welt mit Energie und Maschinen belieferten.

Die Teilung der Welt

Die Folgen sind bekannt:

Spanien und Portugal, die schon kurz nach der Entdeckung Amerikas 1492 die Erde unter sich aufgeteilt hatten, ohne genau zu wissen, wie sie genau aussah, bemühten sich nun mit aller Macht, der Schätze aller erreichbaren Länder habhaft zu werden.

Das gelang den zwei Staaten auch lange Zeit sehr gut, bis England und Frankreich den Ländern der iberischen Halbinsel die Weltherrschaft streitig machten, um schließlich mit ähnlich blutiger Hand die Iberer zu besiegen. England baute seine Macht zu einem weltumspannenden Imperium aus, das erst im Laufe des 20. Jahrhunderts an Einfluss verlor.

Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten der lange Zeit weltweit dominanten Kolonialmacht den Rang abgelaufen, betrieben ihren Eroberungsfeldzug vielleicht etwas subtiler, indem man den Handel und die Verbreitung von Technologie als Instrument nutzte, nutzten ihre wirtschaftliche Dominanz aber auch zur Aufrüstung ihrer militärischen Streitmacht aus, die gerne genutzt wurde, wenn die Freiheit des Handels aus amerikanischer Sicht behindert wurde.

Heute wiederum ringt diese Weltmacht um den Erhalt ihrer Macht und muss ihre Stärke mit einem wirtschaftlich erstarkten China messen, dass seine Ziele schon frühzeitig definiert hatte, von den westlichen Nationen aber nie ernst genommen wurde.

Bis es nun auf jedem Kontinent dieser schönen Erde die Handelsplätze und -wege beherrscht, wodurch es den bisher führenden Wirtschaftsnationen immer schwerer fällt, die gewohnte Rolle der industriellen Schwergewichte auszuspielen. China hat es mit dieser Dominanz geschafft, der Mehrheit seines Milliardenvolks einen ungeahnten Wohlstand zukommen zu lassen.

Resümee der letzten 500 Jahre

Haben uns Menschen die letzten fünfhundert Jahre geschadet, könnte man fragen.

Die Bewohner der führenden Wirtschaftsnationen müssten, wenn sie ehrlich sind, hier mit ‚Nein‘ antworten. Diese Menschen leben auf der wirtschaftlichen Sonnenseite des Planeten. Der durchschnittliche Bewohner eines Industriestaates hat ein solides Dach über dem Kopf, kann drei Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen und jederzeit seinen Durst stillen. Man hat kostenlos eine Schule besuchen dürfen, kann lesen und schreiben und geht in der Regel einem Beruf nach, der so entlohnt wird, dass man sogar mindestens einmal im Jahr eine Urlaubsreise antreten kann.

Lebensumstände, von denen die meisten Bewohnern Afrikas oder Süd- und Mittelamerikas, aber auch einiger Staaten Asiens nur träumen können, da ihre Heimat nach Magellans Erdumsegelung und der damit begonnenen Kolonialisierung und Ausbeutung der Erde zum Spielball häufig wechselnder Herrschaften wurde. Gesundheit, Bildung oder Schutz der Landesbevölkerung standen auf der Prioritätenliste der Eroberer und der heutigen Herrscher nicht sonderlich weit oben.

Biosphäre und Technosphäre

Der Mensch, nein, wir Menschen, haben den Planeten, der uns beherbergt, im Laufe der letzten fünfhundert Jahre nicht nur entdeckt. Das hatte vielleicht Alexander von Humboldt im Sinne, als er 1799 nach Südamerika aufbrach und dabei im Rahmen seiner zweiten Expedition den Chimborazo bestieg, den damals höchsten Berg der Erde. Die Forscher wollten vielleicht wirklich nur die Fülle des prallen Lebens rund um den Globus mit eigenen Augen sehen, zeichnen, malen, beschreiben und später davon berichten.

Ihre Begleiter sahen diese Wunder leider viel zu oft mit der Brille des Kaufmanns, der beim Anblick einer Blume nicht allein deren Schönheit sieht oder ihren Duft genießt, sondern schon im Sinn hat, was man mit dem Handel verdienen könne.

Es blieb eben einfach nicht beim Betrachten und Genießen. Sondern wir Menschen ließen zu, dass die Natur zum Selbstbedienungsladen erklärt wurde, aus dem wir uns nach Belieben bedienen können.

Natur, das ist der böse Wolf, der die friedlichen Schafe reißt. Oder der Dschungel, in dem hinter jedem Baum mindestens ein gefährliches Tier oder eine giftige Pflanze lauert. Natur ist einfach Gefahr. Gefahr, der man Herr werden muss, die man bändigen muss. Man, das sind wir Menschen.

Wir haben ja schließlich auch diesen Planeten erobert. Und können darüber berichten. Kann so etwas die Maus? Oder der Löwe?

Nein. Wir sind die Herrscher. Und die Natur machen wir uns Untertan.

So steht es wohl in der Bibel, die den Spanischen und Portugiesischen Königen als Leitbuch diente, da ihre Herrschaft durch die Katholische Kirche legitimiert wurde. Die ihnen folgenden Königshäuser hatten zwar zum Teil mit der Zentralkirche aus Rom gebrochen, bezogen ihre Legitimation aber immer noch aus dem Gottesgnadentum.

Und hatten somit das Recht, nein, die Pflicht, die Erde sich Untertan zu machen.

Wir scheinen uns losgelöst zu haben von der Natur, die man gerne mal um sich hat im eigenen Garten. Der dann aber bitteschön pflegeleicht sein muss. Vielleicht doch nicht mit so vielen Pflanzen, die – ganz gemein – im Herbst das Laub abwerfen. Und im Sommer muss man ewig den Rasen mähen. Also lieber Steine statt Pflanzen. Der Ziergarten zum schön gelegenen Einfamilienhaus als erweitertes Wohnzimmer, das durch kein Blatt verunstaltet werden darf, in dem der Mähroboter für Ordnung sorgt, auch wenn der eine oder andere Igel der Rücksichtslosigkeit des Gerätes zum Opfer fällt. Egal. Es muss doch ordentlich aussehen. Auch draußen.

Wir Menschen haben den Planeten erobert. Das spiegelt auch die Masse der von Menschenhand geschaffenen Objekte und Strukturen wider. Diese auch Technosphäre genannte Größe umfasst Kugelschreiber, Kraftfahrzeuge, Waffen, Häuser, Straßen, Plastiktüten und Rechner und wird auf inzwischen mehr als 30 Billionen Tonnen (= 30 x 1.000.000.000.000 t = 30 x 1.000 x 109 t = 30 x 1.000 Gigatonnen ) geschätzt.

Tendenz steigend.

Die Biomasse taxiert die Wissenschaft dagegen auf etwa 1,1 Billionen Tonnen und soll im Laufe der letzten hundert Jahre konstant geblieben sein, was noch zu diskutieren ist.

Beide Werte sind schwer zu ermitteln, da wir ja nicht Buch führen über alle Bauwerke, Verpackungen oder Maschinen, die die Menschheit im Laufe eines Jahres produziert oder nach der Nutzung entsorgt hat.

Auch die Biomasse bleibt nur eine seriöse Schätzung, die erst seit ca. 1920 in der Wissenschaft diskutiert wird, da auch die Pflanzen und Tiere nicht registriert werden und der Lebensraum Tiefsee für die Menschheit immer noch in großen Teilen völlig unbekannt ist. Trotz aller Bemühungen um Erkenntnisgewinn (im Positiven) und der Aussicht auf ungeahnte Ressourcen, die man nur erschließen müsste. Was sicherlich das Aus für die meisten Bewohner der Tiefsee bedeuten würde, wenn wir Menschen die Tiefen der Ozeane als Quellen für neue Rohstoffe in Betracht ziehen würden.

Das Anthropozän

Einige Forscher schlugen Anfang des neuen Jahrtausends im Angesicht der massiven Eingriffe des Menschen in die Gestalt der Erde vor, dem Menschen ein neues Erdzeitalter zu widmen. Das Anthropozän wurde in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht.

500 Jahre nach der ersten Weltumsegelung setzen wir uns damit auch im wissenschaftlichen Sinne die Krone auf.

Könnte man meinen.

Wir haben die Oberfläche der Kontinente bis auf den letzten Quadratmeter vermessen, leiten Flüsse um, finden immer neue Rohstoffquellen und erschaffen die dazu passenden Werkzeuge, um die Mineralien oder die Brennstoffe wie Erdöl, Gas oder Kohle abbauen zu können.

Natürlich können wir was. Wir haben uns ja schließlich entwickelt.

Aber das Anthropozän schließt auch die vielen Probleme ein, die mit einer immer weiter wachsenden Weltbevölkerung und der damit verbundenen immer weiter steigenden Produktion einhergehen.

Stichworte sind die Klimakrise, die Verschmutzung der Ozeane durch Plastik oder das Artensterben. Die Liste ließe sich noch verlängern und wirft die Frage auf, ob man vor fünfhundert Jahren, als man entdeckte, dass wir ein kugelförmiges Gebilde besiedeln, nicht vielleicht auch zu anderen Schlüssen hätte kommen können.

Begrenzte Ressourcen

Heute sind wir soweit, dass bedingt durch unsere Wirtschaftsweise selbst das Sinnbild für die Unendlichkeit, der Sand, knapp geworden ist.

Der zur Verfügung stehenden Sand an den Küsten, auf dem Boden der Meere und in den Kies- und Sandgruben der Erde reicht nicht mehr aus, um alle Baustellen der Erde mit dem bis vor wenigen Jahren immer vorhandenen Zuschlagsstoff zur Betonherstellung zu versorgen.

So langsam dämmert es uns Menschen, dass es keine gute Idee war und ist, seit Jahrhunderten ausschließlich auf die Produktion zu setzen ohne sich nennenswerte Gedanken dazu zu machen, woher die Materialien denn kommen, die man verarbeitet.

Sowie es auch keine richtig gute Idee war, die fossilen Schätze der Erde, die Kohleflöze, die Erdöllager und Gasfelder in immer stärkerem Maße auszubeuten, um damit elektrische Energie für Maschinen und Haushalte zu erzeugen. Der Klimawandel lässt grüßen.

Stürmische Zeiten

Die Erfindung der Dampfmaschine Mitte des 18. Jahrhunderts stellt, das steht außer Frage, einen Meilenstein dar in der Technikgeschichte und begründet das Fundament der Industrialisierung, mit deren Hilfe die Produktion immer weiter gesteigert werden konnte. Die Chemie steuerte neue Materialien bei, Elektrotechniker bescherten uns Hand in Hand gehend mit kundigen Maschinenbauern Starkstromnetze, so dass Energie überall leicht verfügbar wurde.

Die Menschheit hat im Laufe der letzten zweihundertfünfzig Jahre stetig dazu gelernt, hat wie ein Berserker daran gearbeitet, den Wettbewerb des immer höher, weiter, schneller auf alle Lebenslagen auszuweiten, um in der Tat immer größer zu werden.

Statt der etwa 450 Millionen Menschen zu Zeiten Magellans bevölkern inzwischen 8 Milliarden Menschen den Blauen Planeten, die wie ihre Ahnen hoffen, dass es mit den bewährten Methoden auch für sie immer nur weiter aufwärts geht.

Obwohl die Zeichen inzwischen auf Sturm stehen.

Meteorologen verkünden in immer kürzen Abständen, dass der vergangene Monat der heißeste seit Aufzeichnung der Wetterdaten war. Oder der nasseste. Oder der mit den heftigsten Stürmen weltweit. Man möchte am liebsten schon gar nicht mehr hinhören, weil man als Einzelner ja auch kaum etwas dagegen unternehmen kann. Wenn man solche Nachrichten überhaupt mit sich selbst oder dem eigenen Handeln in Verbindung bringt.

Eine alternative Sichtweise

Hätte die Menschheit nach der ersten erfolgreichen Weltumsegelung vor fünfhundert Jahren ihre Schritte nicht in eine andere Richtung lenken können?

Heute wird deutlich, dass es dem Planeten sehr gut getan hätte, und den Menschen auch, wenn man aus der Kugelform des Planeten auch abgeleitet hätte, dass alles auf der Erde nur endlich vorhanden ist.

Selbst, wie schon beschrieben, der Sand.

Die Diskussionen zum drohenden Ende des Sandes als begrenzt vorhandener Baustoff zeigen leider sehr deutlich, wie wenig wir Menschen trotz allen Fortschritts in Technik und Wissenschaft dazu gelernt haben.

Wenn die bekannten Sandquellen nicht ausreichen, müssen eben neue Kies- und Sandfelder erschlossen werden. So einfach ist das. Strände sind auf den Kapverdischen Inseln, einer Afrika vorgelagerten Inselgruppe, inzwischen Mangelware, weil global agierende Konzerne die Sande abgebaut haben, damit zum Beispiel in den Vereinigten Arabischen Emiraten Hochhäuser errichtet werden konnten. Die Bewohner der Kapverdischen Küstenorte stellen nun fest, dass man nicht nur den Sand verkauft hat, sondern auch die Heimat, denn der Streifen Sand sah nicht nur malerisch aus, sondern schütze die Häuser auch vor der Kraft des Meeres.

Ähnlich verhält es sich mit der Energieversorgung durch fossile Energieträger. Drohte ein Ölfeld ausgebeutet zu sein, wurden die Prospektoren der Konzerne in alle Herren Länder entsendet, um neue Quellen zu entdecken. Unser Energiehunger führte sogar dazu, dass selbst Naturreservate wie die Arktis für die Erdölförderung freigegeben werden. Einzig die stetige Erwärmung der Atmosphäre und die steigenden Meeresspiegel haben dazu geführt, dass Fossile Energieträger inzwischen in Misskredit geraten sind und ein Schwenk auf nachhaltigere Energieformen wie Windenergie oder Solarenergie offiziell auch von den Energiekonzernen in Betracht gezogen wird.

Wobei diesen Bekenntnissen zwar schon Taten gefolgt sind, die Schritte in Anbetracht des schnellen Wandels aber noch sehr zaghaft erscheinen. Der Anteil an Wind- und Solarenergie am Energiemix der meisten Staaten steigt stetig. Die fossilen Brennstoffe stellen aber immer noch das Hauptkontingent. Der Erdölkonzern Aramco konnte sich daher im Laufe des Jahres 2022 den Rang des weltweit wertvollsten börsennotierten Unternehmens erobern. Die Firma fördert und verarbeitet seit 1933 das unter der Wüste Saudi-Arabiens lagernde Erdöl und Erdgas und hat damit im Jahre 2018 einen Nettogewinn von mehr als 100 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet.

Die Position der UNO und der EU zur Kreislaufwirtschaft

Für den Umgang mit unseren Rohstoffen haben international und kontinental wirkende Organisationen wie die UNO und die EU längst erkannt, dass gehandelt werden muss. Die EU hat zum Beispiel einen Aktionsplan Kreislaufwirtschaft ins Leben gerufen, die UNO hat 2015 die Agenda 2030 verabschiedet mit 17 globalen Zielen, zu denen mit Abschnitt 12 auch die Kreislaufwirtschaft gehört. Zumindest auf dem Papier sind die ersten Schritte also schon längst getan.

Da von den geförderten Rohstoffen aber keine offensichtliche Gefahr ausgeht, finden die Erkenntnisse der Wissenschaftler in der Allgemeinheit kaum Gehör. Oder interessiert sich der im Alltag stehende Bürger für die Ausbeutung eines Naturreservates im Kongolesischen Urwald? In der Regel ja nicht. Ein versiegender Rhein oder die Tatsache, dass aus dem teuer erkauften Grundwasserbrunnen im eigenen Garten nach vier herrlichen Sommern ohne die früher üblichen Unwetter nun kein Wasser mehr sprudelt, das sind Fakten, die einem nicht gefallen und einen im Alltag betreffen.

Wird mit den Forderungen nach einer nachhaltigeren Wirtschaft mit geschlossenen Stoffkreisläufen vielleicht mal wieder eine Sau durchs Dorf getrieben, einfach damit die kritische Wissenschaft beschäftigt ist und sie den Kaufleuten nicht dazwischen funkt?

Sollen durch die Programme der EU und der UNO die Wissenschaftler beschäftigt werden, damit sie etwas zu tun haben, gut bezahlt sind und nicht weiter stören?

Die Zeit läuft gegen uns

Auf diese Gedanken kann man ja schon kommen. Denn die Forderungen der Wissenschaftler nach einem Umdenken bei der Energiegewinnung und der Nutzung der Rohstoffe sind sehr eindringlich. In den offiziellen Dokumenten zum Beispiel des Europaparlamentes wird davor gewarnt, dass ein Weiter-so dazu führt, dass wir im Jahre 2050 drei Planeten Erde benötigen werden, um unseren Bedarf zu decken.

Das sind noch 28 Jahre. Nur Kinder sind sich sicher, dass eine solche Zeitspanne verdammt lange ist. Alle anderen wissen, dass 28 Jahre für den kompletten Umbau unserer Gesellschaften niemals reichen werden.

Und selbst die Kinder haben inzwischen erkannt, dass dringendst gehandelt werden muss. Sonst würden die Schulkinder freitags Mathematik und Englisch lernen, anstatt regelmäßig die Schule zu schwänzen, um für schnellere Schritte im Umweltschutz zu demonstrieren.

Jugend vs. Kapital?

Woher kommt diese Diskrepanz zwischen den Forderungen der Wissenschaftler und Kinder auf der einen Seite und andererseits den Handlungen der Wirtschaftsnationen und ihrer Bürger?

Prognosen sind schwierig, zumal wenn sie die Zukunft betreffen, soll der deutsche Komiker Karl Valentin einmal gesagt haben. Im Zusammenhang mit dem Weltklima und der Zukunft der Menschheit bleibt einem das Lachen vielleicht im Halse stecken, wenn man den Wissenschaftlern auch nur ansatzweise zutraut, dass sie mit ihren Ergebnissen die Wahrheit widerspiegeln.

Der Spruch trifft aber einen empfindlichen Nerv. Denn natürlich kann man keinem Naturwissenschaftler die Aussage abringen, dass wir zum Beispiel in 30 Jahren keine Häuser mehr bauen können, weil uns der Kies fehlt.

Eine solche Aussage bleibt eine Prognose, auch wenn alles darauf hindeutet, dass die Forscher damit richtig liegen. Man kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit die Zukunft vorhersagen, da eine Vielzahl an Faktoren unbekannt sind, die Einfluss nehmen auf den Lauf der Dinge. Selbst der Club of Rome hat 1972 bei der Veröffentlichung seines Berichtes ‚Die Grenzen des Wachstums‘ lediglich Rechenmodelle vorgestellt und daraus Folgen und Handlungsszenarien entwickelt, aber keine verbindlichen Forderungen an die Wirtschaft abgeleitet, sondern es bei Empfehlungen belassen.

Fünfzig Jahre nach der ersten Vorstellung dieses Berichtes kann man leider nur feststellen, dass die Mahnungen der Wissenschaft zwar nicht völlig folgenlos blieben, denn immerhin hat der Umweltschutz nun Einzug gehalten in die öffentliche Diskussion. Aber eben leider nur in die Diskussion oder in die Veröffentlichungen.

Vielleicht spielt der Unwille der Wissenschaft, mit klaren und deutlichen Worten die drohenden Gefahren zu benennen, auch den Verantwortlichen der Industrie ganz gut in die Karten. Denn man darf nicht unterschätzen, welches Kapital in den Industrieanlagen steckt. Und welche unvorstellbare Menge an Geld mit der stetig weiter wachsenden Produktion verdient wird.

Wie oben schon beschrieben erwirtschaftete alleine der halbstaatliche Erdölkonzern Saudi-Arabiens in einem Jahr mehr als 100 Milliarden Euro Gewinn. Ein Konzern. Da ahnt man, welche Summen weltweit durch den Verkauf und der Weiterverarbeitung von Öl, Gas, Kohle, aber auch Chemieprodukten verdient werden können.

Die Anlagen zur Förderung und Aufbereitung der Rohstoffe wie Bohrinseln, Raffinerien, Pipelines, Chemische Werke oder Zementanlagen, aber auch die Fabriken zur Herstellung der Werkzeugmaschinen und Handelsprodukte haben den Besitzern ein Vermögen gekostet. Die Kosten für den Neubau einer Chemischen Fabrik kann man seriös nicht pauschal benennen, da sie sehr individuell sind und abhängen von zum Beispiel der Qualität der Vorprodukte, dem Durchsatz und dem gewählten technischen Verfahren. Als Herstellungskosten solcher Anlagen werden in Regel Milliarden Euro oder deren Vielfaches veranschlagt. Und dürften dank gestiegener Rohstoff- und Energiekosten heute noch unsicherer zu kalkulieren sein.

Man redet also über Geld, sehr viel Geld, wenn man über die wirtschaftliche Seite der Rohstoffe, ihrer Förderung, Verarbeitung und Verbreitung spricht. Reichtum, den man bewahren möchte, den man verteidigt.

Geld, dass aber nicht alleine bei den Besitzern hängen bleibt. Sondern – natürlich gemindert, aber doch spürbar – auch den Mitarbeitern, den Angestellten der Firmen zugutekommt.

Und wer möchte da schon gerne den Ast absägen, auf dem man sitzt?

Diese Frage stellen sich vermutlich die meisten Eltern der Kinder, die mit frischer Vehemenz ein Umdenken in Fragen der Umweltpolitik einfordern. Und kommen offenbar ganz häufig zu dem Schluss, dass man den Ast natürlich nicht absägt.

Deshalb werden - allen Anzeichen eines kommenden Komplettversagens der Ökosysteme zum Trotz - die Forderungen der Umweltschutzbewegung, unabhängig von Alter und Herkunftsland, ignoriert.

Es reicht, damit Papier zu bedrucken, darf aber nicht darin münden, dass funktionierende Firmen oder Wirtschaftszweige diskreditiert werden. Zumal dann nicht, wenn deutlich ist, dass der Einzelne auch davon profitiert.

Hier liegt vielleicht der Hase im Pfeffer: Natürlich profitieren die Wirtschaftsunternehmen weltweit von ihren Investitionen. Aber eben nicht nur sie alleine. Der Wohlstand der meisten Menschen ist durch die Industrialisierung eben auch gewaltig gestiegen.

Weshalb hier anscheinend Kapital und Arbeit an einem Strang ziehen. Die Abkehr von der bekannten Arbeitsweise hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft würde die bestehenden Verhältnisse auf den Kopf stellen.

Eine Firma, die Milliarden investiert hat in die Verarbeitung von Rohöl, könnte bei einer plötzlichen Abkehr von den fossilen Rohstoffen niemals die Kosten wieder erwirtschaften. Die Investition wäre in den Sand gesetzt.

Das passiert schon mal. Mit diesem Risiko muss ein Investor leben, was die Finanziers gemeinhin auch können. Denn das Risiko ist an anderer Stelle schon in die Preise eingerechnet.

Nicht aber ein kompletter Umbau aller Stoffströme und deren Verarbeitung, wie es ein vollständiges Recycling erfordern würde. Dann würde nämlich nicht bloß eine Investition zur Ruine erklärt, sondern gleich ganze Wirtschaftszweige. Und mit ihnen hätten alle Arbeiter und Angestellten dieser Betriebe ihr Einkommen verloren. Im Gegensatz zu den Besitzern allerdings ohne einen großen finanziellen Puffer.

Das hört sich natürlich schrecklich an. Und ist es in der Tat auch.

Denn es bedeutet, dass wir anscheinend zum Stillstand verdammt sind und den Zug einfach weiter laufen lassen müssen, obwohl wir sehen, dass er uns kollektiv vor die Wand fährt.

Technologie und Digitalisierung

Moment mal.

Hat die Menschheit bisher nicht jede Krise gemeistert?

Haben wir uns bisher nicht aus allen Schwierigkeiten befreit?

Und hat es zu jedem Problem bisher nicht auch die passende technische Lösung gegeben?

Wir arbeiten dran.

Die Wissenschaft hat erkannt, dass wir uns etwas einfallen lassen müssen, um weiter zu kommen. In allen Laboren der Welt werden permanent neue Stoffe entwickelt, die leichter zu bearbeiten sind oder aus nachwachsenden Quellen stammen. Ständig werden neue Techniken daraufhin überprüft, ob mit ihnen die Fertigung vereinfacht oder die Fertigungsprozesse mit weniger Rohstoffen auskommen. Das ist sicherlich die richtige Richtung.

Und dann war die Menschheit im Laufe der letzten zwanzig Jahre ja nicht nur beobachtender Zeuge einer neuen industriellen Revolution, sondern hat sie im täglichen Leben mitgestaltet. Die Großrechner aus den Laboren der Wissenschaftler wurden schon in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts immer weiter verkleinert, so dass Rechner bald in den Büros und auch in den Arbeitszimmern allgegenwärtig waren. Heute sind diese Desktops mit oder ohne Draht untereinander vernetzt und im Alltag nutzen wir Smartphones, Kleinstcomputer mit der Rechenleistung der früheren Rechenzentren.

Man verabredet sich über Whatsapp, bezahlt heute eben online mit Paypal und nutzt statt Bargeld lieber die Karte oder das Smartphone selbst. Das Leben scheint dadurch leichter, einfacher, effizienter geworden zu sein.

In der Produktion und der Warenverteilung halten die digitalen Geister Einzug, um damit die Prozesse zu verschlanken, so dass heute Störungen sofort behoben werden können, damit der Warenstrom nie zum erliegen kommt.

Digitalisierung oder die dahinter liegende Technologie können die Produktionsprozesse vereinfachen, den Kunden einen schnelleren Zugriff auf immer mehr Produkte ermöglichen, helfen aber nicht, Stoffströme zu verkleinern.

Und führen auch nicht zum Schließen der Stoffströme, wie sie für eine Kreislaufwirtschaft erforderlich sind. Sondern schreiben die bisherige Entwicklung der Technologie weiter fort. Die Strukturen sind deutlich kleiner, filigraner geworden. Während man zu Zeiten der Verbesserung der Dampfmaschine stolz war, Bauteile mit Toleranzen von wenigen Zehntel Millimetern fertigen zu können, sind heute im Maschinenbau Toleranzen von wenigen Tausendstel Millimeter der Stand der Technik. Bei der Fertigung von Integrierten Halbleitern, den Siliziumchips, die inzwischen nicht nur in den Rechnern und Smartphones arbeiten, sondern auch zur Standardausstattung von elektrischen Zahnbürsten und Kühlschränken gehören, spricht man vom Nanometer als Maßeinheit.

Wir sind also im Laufe der letzten zweihundertfünfzig Jahre messbar besser geworden. Wie kann es da sein, dass dennoch das Klima verrückt spielt, der Meeresspiegel steigt und die Meere vermüllen?

Die Entsorgung

Wieso merken wir nicht, dass neue Produkte uns zwar ein wenig helfen, das Leben besser zu meistern, nach ihrer Nutzung aber zu einem Problem werden?

Es ist doch – zumindest in Deutschland – alles hervorragend organisiert. Nach dem Gebrauch schmeißt man das nun nicht mehr benötigte Produkt in eine der vielen Mülltonnen. Die gelbe für die Verpackungen, in die braunen gelangt der kompostierbare Müll und den Restmüll entsorgen wir in eine der grauen Abfalltonnen. Den Rest machen dann die fleißigen Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe.

Das stimmt so auch. Der Müll ist nach dem Wegwerfen auch erst einmal weg.

Nur eben nicht aus der Welt. Der Restabfall darf heutzutage in Deutschland nur noch inert eingelagert werden. Hinter diesem technischen Begriff steckt die Forderung, dass die Deponien nur noch mit Materialien befüllt werden dürfen, die chemisch nicht mehr untereinander reagieren. Weshalb man sie verbrennt und nur noch die verbrannten Reste vom Müllheizkraftwerk zu den Deponien befördert.

Das hört sich nach einer eleganten Lösung an, weil man damit vielen giftigen Stoffen, die sich im Müll verbergen können, den Schrecken nimmt. Und die Gefahr mindert, dass es auf den Deponien selbst zu unkontrollierten Reaktionen kommt.

Die Abgase der Verbrennungsöfen werden zwar auch gereinigt, aber nach jetzigem Stand sollen die in den Deponien eingelagerten Stoffe nie wieder eingeschleust werden in eine zukünftige Produktion. Die Verpackungsabfälle werden entweder verbrannt, oder sie gelangen über dunkle Kanäle in weit entfernt liegende Länder ohne strenge Umweltschutzauflagen, wo sie offen lagern. Oder ins Meer geschüttet werden.

Einzig die Bioabfälle werden so behandelt, dass sie nach der Kompostierung den Weg zurück auf die Felder finden, um so den Ackerpflanzen als Nahrung zu dienen.

Die Kreislaufwirtschaft ist also auch im schön organisierten Deutschland eher eine Lügengeschichte als ein Wohlfühlroman mit Happyend.

Und trägt mit dazu bei, dass die Masse der Technosphäre stetig steigt und die Spuren der Menschheit auf dem Planeten immer breiter werden.

Die Rolle der Preise

Uns fehlt offenbar der Kompass, der Richtungsgeber, um uns die Entscheidungen zu erleichtern, ob ein Produkt unsere Umwelt belastet und die Technosphäre vergrößert oder ob es recyclebar ist.

Wie bei der Nahrung könnten die Hersteller dazu verpflichtet werden, ihre Waren mit einem weiteren Ampelsystem zu versehen, dem man entnehmen kann, ob das jeweilige Produkt ohne Probleme getrennt werden kann in seine Einzelkomponenten und diese aufgeschlossen werden können in Grundstoffe, ob das Produkt also wiederverwertbar ist und mit einem deutlichen Grün versehen werden kann.

Oder ob es sich zum Beispiel um einen Verbundwerkstoff mit fest miteinander verbundenen Lagen aus den unterschiedlichsten Materialien handelt, so dass nichts getrennt und nichts in die Grundstoffe zurückgeführt werden kann. Oder ob es sich um Grundstoffe handelt, die selten oder gar giftig sind, die also nur mit besonderen Vorkehrungen zu verarbeiten sind. In diesen Fällen sollte die Recycle-Ampel des Produkts den Verbraucher Rot anstrahlen.

Das wäre den Herstellern am liebsten, wenn man denn schon so verrückt sein sollte, das Recycling auch noch zu einem Kriterium zu erklären. Weil es die meisten Verbraucher hoffnungslos überfordern würde, neben dem Preis eines Produkte noch eine weitere Beurteilungsgröße im Auge zu behalten und in die Kaufentscheidung mit einfließen zu lassen. In Deutschland wurde lange um den Nutriscore als ein Ampelsystem gerungen, das den Verbraucher die gesundheitliche Qualität eines Nahrungsmittels beschreiben soll. Diese Information wird allerdings in der Praxis kaum beachtet, weil die wirklich Interessierten in der Regel gut informiert sind und den Nutriscore nicht benötigen für ihre Entscheidungen. Und der Rest sich an den Kosten orientiert.

Einfacher wäre es, der Preis jedes Produktes, das verkauft wird, würde widerspiegeln, ob und wie gesund die Ware ist und ob sie nach der Nutzung stofflich wiederverwertet werden kann. Oder eben nur mit viel Aufwand.

Denn dann müsste nicht ein vom Preis losgelöstes System betrachtet und bewertet werden, sondern die Verbraucher könnten den Preis als Kriterium ihrer Entscheidung nutzen. So, wie man es seit einigen Jahrhunderten als Mensch gewohnt ist.

Stoffliche Wiederverwertung

Es hapert daran, dass die stoffliche Wiederverwertung eines Produktes in der Gestaltung und Fertigung derzeit kaum eine Rolle spielt. Und damit auch nicht beachtet wird. Die Gesetzgeber haben sich selbstverständlich auch dieses Themas angenommen und ergänzend zu Abfall- und Umweltgesetzen auch hier viel Wissen und Empfehlungen zu Papier gebracht.

Die stoffliche Verwertung von Kunststoffe zum Beispiel wird dadurch erschwert, dass sie nie nur aus einem Material gefertigt sind, sondern aus einem Gemenge an unterschiedlichen Stoffen wie Weichmacher, Farbstoff, Stellmittel und so weiter bestehen. Eine Trennung von Kunststoffen nach deren Gebrauch mit dem Ziel, diese dann erneut zu nutzen, wird wegen der Zudosierung unterschiedlichster Zusatzstoffe nahezu unmöglich.

Für jedes Problem liefert die Industrie gerne ein Material, wenn der Markt dafür groß genug ist. Womit sie den eigenen Umsatz verbessert und das Ausgangsproblem löst. Aber eben auch ein Problem schafft, da die neuen Materialien nach der Nutzung nicht aus der Welt sind, sondern als weiterer Beitrag zur Technosphäre bestenfalls in einer geordneten Deponie landen. Oder auf dem Weg zu einer vermeintlichen Wiederverwertung ins Meer geschüttet werden, um dann im Nordosten des Pazifiks einen Riesenplastikteppich zu bilden, der stetig wächst.

Wünschenswert wäre es daher, erstens nur solche Materialien zu nutzen, deren stoffliche Entsorgung bis zur Wiederverwertung in neue Produkte vollständig geklärt und transparent dokumentiert ist. Und zweitens nur solche Produkte herzustellen, die sich nach der Nutzung so zerlegen lassen, dass die verschiedenen Materialien sortenrein gesammelt und wieder zur Produktion genutzt werden können.

Wem das als blanke Utopie erscheint, möchte den Blick einmal nach draußen wenden. Im herbstlichen Wald zum Beispiel stehen teilweise entlaubte Bäume auf einem Waldboden voller Laub. Da muss man nicht gedanklich zum Laubbläser greifen, sondern ist Zeuge einer wunderbaren Kreislaufwirtschaft, die schon seit einigen Jahrtausenden gut funktioniert. Vermutlich auch schon seit Jahrmillionen, aber dafür fehlen uns die Zeugnisse von Zeitzeugen.

Der Bauplan der Natur

Die Natur übermittelt ihr Wissen in allen Lebewesen mithilfe von 4 Nukleinsäuren und baut seine Strukturen aus einem Set von lediglich 24 Aminosäuren. Ein schlichtes, aber dank einer Entwicklungsphase von mehreren Millionen Jahren gut funktionierendes Bauprinzip, von dem wir Menschen viel lernen könnten. Würde die Natur ähnlich wie wir Menschen arbeiten, würde seit einigen Millionen Jahren kein einziges Lebewesen, schon mal gar kein Baum oder ein Säugetier, den Planeten bevölkern, weil es ganz einfach kein Baumaterial dafür mehr geben würde. Die Blätter des Waldes hingegen werden – lässt man die Natur einfach wirken – durch Mikrolebewesen in die Einzelteile zerlegt, gelangen als Nährstoffe wieder in den Boden und können dann wieder als Baustoffe von den Bäumen genutzt werden.

Wir sollten vielleicht mal nicht auf das herbstliche Laub schimpfen, sondern beginnen, solche Verarbeitungsstrukturen auf unser Handeln zu übertragen. Wozu es zwingend erforderlich ist, dass schon bei der Gestaltung eines Produktes dessen Entsorgung mit berücksichtigt wird.

Das könnte man auch gerne als eine neue Herausforderung an jeden Einzelnen betrachten. Es muss nicht alles schneller, höher, weiter sein. Man könnte zum Beispiel die Herausforderung auch darin finden, weniger zu verbrauchen. Egal, ob es sich dabei um Brennstoff oder um Material handelt.

Ein Material, dessen Entsorgung nicht möglich ist, weil man sich darüber keine Gedanken gemacht hat, müsste in der Kalkulation des daraus erzeugten Produktes die Herstellkosten derart nach oben treiben, dass ein solches Material nicht verwendet wird. Selbst bei bestem technischen Nutzen. Gleiches gilt für eine Gestaltung, die eine Trennung in die verschiedenen Materialien nicht ermöglicht. Auch dies müsste die Kalkulation negativ beeinflussen.

Wiederverwertung aus der Sicht der Kalkulation

Jeder, der diesen Gedanken aufnimmt, stellt schnell fest, dass man damit unsere gesamte Wirtschaftsweise auf den Kopf stellen kann. Güter, die unendlich erscheinende, aber tatsächlich auch nur endlich vorhandene, Grundstoffe nutzen, würden plötzlich sehr teuer. Hinzu kommen bisher nie kalkulierte Kosten für die Weiterverarbeitung der abgenutzten Produkte nach deren Nutzung. Verarbeitungszentren zur Trennung der Abfälle wären plötzlich erforderlich, in den Konstruktionsabteilungen und Designzentren bräuchte man neue Richtlinien, welche Materialien wie zu verarbeiten sind. Die Fabriken müssten umorganisiert werden, weil die vorher gut getakteten Fertigungslinien nun für andere, neu gestaltete Produkte eingerichtet werden müssten.

Einen solchen Wandel mögen die Kapitalbesitzer und -geber nicht. So etwas ist schlecht für das Geschäft und daher nicht gewünscht. Zumal mit einer Umstrukturierung hin zur Nutzung nachhaltig gestalteter Produkte die gut funktionierenden Fabriken nicht mehr profitabel sein würden. Wenn petrochemische Vorprodukte nicht mehr erforderlich sind, würde die Aramco kein Öl oder dessen Derivate mehr verkaufen können. Ein Jahresgewinn von mehr als 100 Milliarden Euro wäre damit endgültig Geschichte.

Das mögen die Anteilseigner gar nicht. Aber auch die Angestellten und Mitarbeiter dieser Firmen müssten Verluste hinnehmen. Keine guten Aussichten, wo man für die Zukunft doch schon den einen oder anderen Dollar, Euro oder Dinar verplant hat.

Es wundert daher nicht, dass die Programme und Richtlinien der internationalen Organisationen zur Nachhaltigkeit, zur Kreislaufwirtschaft oder zum Kampf gegen den Klimawandel seit mehreren Jahrzehnten keinen nennenswerten Einfluss genommen haben auf unseren Lebenswandel.

Zumal nur eine kleine Minderheit engagierter Aktivisten immer wieder darauf aufmerksam macht, dass der Bericht des Club of Rome und die Dokumente der EU oder der UNO zur Nachhaltigkeit ein schnelles Handeln erfordern.

Die meisten Bürger in den meisten Staaten dieses Planeten zucken bei solchen Mahnung nur die Schultern. Selbst wenn sie vom Vorsitzenden der UNO höchstpersönlich vorgetragen werden. Man schaut lieber auf sein persönliches Wohl, bereitet den nächsten Urlaub vor, sieht zu, doch noch den Lebensunterhalt für den laufenden Tag zu verdienen oder trifft sich mit Freunden, um gemeinsam ein Fußballspiel zu verfolgen.

Wenn die Situation wirklich so bedrohlich wäre, wie sie versucht wird darzustellen, dann würde auch etwas passieren, scheint die allgemeine Vorstellung zu sein.

Es hat sich hier so etwas wie eine stillschweigende Übereinkunft zwischen den Bürgern und dem Kapital eingestellt. Wir Bürger gönnen euch den Reichtum, wenn ihr uns ein bisschen davon abgebt, so dass wir schön leben können und uns ansonsten in Ruhe lasst.

Gemeinsames Handeln

Diese Denkweise hat die letzten fünfhundert Jahre für den Teil der Menschheit auf der Sonnenseite des Lebens gut funktioniert. Selbst die ‚Grenzen des Wachstums‘ haben uns nicht gedrängt, diese herrlich bequeme Ruhezone zu verlassen.

Klar ist nur, dass es nur gemeinsam weitergehen kann.

Und gemeinsam heißt im Zusammenhang mit dem Projekt ‚Kreislaufwirtschaft‘ auch, dass es alle Passagiere des Raumschiffs Erde betrifft. Einschließlich des vermeintlichen Führungspersonals, das angesichts der gewaltigen Dimension der Gefährdung, aber auch der Erde selbst, schnell begreifen muss, dass es keine Rückzugsgebiete geben wird. Weder auf einsamen Inseln noch im Weltall. Was wir auf der Erde nicht praktizieren, können wir auf fremden Planeten oder in Raumstationen auch nicht umsetzen.

Es ist sicherlich eine Herausforderung für uns alle, ein neues Preisgefüge zu akzeptieren oder zu erleben, dass etliche Produkte nicht mehr erhältlich sind, weil ihre Produktion sich nicht mehr lohnt. Und es wird sicherlich auch so sein, dass es Kulturen gibt, die sich leicht anpassen, während andere mit der neuen Welt kaum zurechtkommen.

Aber jetzt haben wir noch die Wahl.

Noch können wir Menschen uns zu einem neuen, weltweit gültigen Regelwerk für Produktion und Kreislaufwirtschaft verständigen, so dass die Technosphäre nicht immer größer wird wie ein Krebsgeschwür. Mit neuen Regeln für die Bewertung von Materialien, mit Konstruktionshinweisen zur Trennung von Materialien und was es sonst noch zu beachten gibt in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.

Die Zeit drängt dafür allerdings.

Die EU selbst geht davon aus, es wurde schon erwähnt, dass im Jahre 2050 die Menschheit drei Planeten braucht, um ihren Verbrauch zu decken, wenn sich nichts ändert.

Die Alternative zum gemeinsamen freiwilligen Handeln, ein Mal-sehen-was-kommt, führt auch zu einer Art Kreislaufwirtschaft.

Allerdings lange Zeit ohne den Menschen als maßgeblichen Akteur und leider erst, nachdem wir diesen wunderbaren Planeten verwüstet haben, weil uns die Rohstoffe ausgegangen sind, keiner mehr genug zu essen und trinken hatte und es nicht einsah, dass der Nachbar sich nicht an Maßnahmen beteiligen wollte. Geopolitische Ambitionen oder der Wunsch nach wirtschaftlicher Dominanz, die heute noch das Handeln der Staaten und Konzerne beherrschen, haben dann an Bedeutung verloren.

Die Überlebenden werden dann feststellen, dass die Erde beziehungsweise die Natur auch die Menschheit überstanden hat. Und auch ganz ohne sie zurechtkommen kann.

Man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass wir Menschen Teil der Natur waren, sind und auch bleiben werden und als solche die Regeln der Natur auch für uns gelten. Wir sind vielseitig begabte Tiere, die auch Großartiges zustande gebracht haben.

Aber für den Titel ‚Die Krone der Schöpfung‘ reicht es im Moment leider nicht.

Dazu müssten wir noch eine Menge von dem umsetzen, was die Natur uns permanent vormacht, wir aber gerne übersehen. Oder von dem wir der Meinung sind, dass es für uns Menschen keine Bedeutung hat.

verfasst im November / Dezember 2022